Rundgang
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(1) Triumphkreuz
Von hier aus öffnet sich der Blick in das Kirchenschiff – das vom großen Triumphkreuz von Bernt Notke dominiert wird. Es wurde von Bischof Krummedick gestiftet und 1477 aufgerichtet. Rechts und links oben stehen Adam und Eva. Unter dem Kreuz stehen die trauernde Maria und der Jünger Johannes. Der Stifter Krummedick gibt sich selbst den Platz gegenüber von Maria Magdalena, der sog. großen Sünderin, und beruft sich damit auf die Vergebung, die diese Frau erfahren hat. Die Gestalt des Gekreuzigten, wie Notke ihn geschaffen hat, vereint in sich Hoheit und Todesschmerz des Gottessohnes. Das Kreuz ist als Lebensbaum gestaltet: Aus dem Holz, an dem Jesus hängt, sprießen Zweige. Das Holz des Fluches wird zum Baum des Lebens. Der Glaube an Christus, der sein Leben einsetzt als Bürge der Liebe Gottes, schenkt das Leben.
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(2) Gründungssage von 1664
Über dem zugemauerten Durchgang zum Predigthaus des früheren Domklosters befinden sich zwei Malereien von 1664, die die Gründungssage des Doms illustrieren:
Als Kaiser Karolus Magnus eines Tages an der wendischen Grenze jagte, gelang es ihm durch sonderliche Kunst, einen schönen, großen Hirsch zu stellen. Schon hat er den Bogen gespannt: da sinkt das stolze Thier in die Knie und schmiegt sich ihm freundlich an. Nun legt der Kaiser ihm ein golden Halsband um, mit Kleinodien geschmückt, und gräbt die Zahl der Jahre hinein, die seit Christi Geburt vergangen. Vierhundert Jahre danach sieht Herzog Heinrich der Löwe täglich morgens früh von seinem Schloß in der Hertogen-Grube einen Hirsch zur Quelle kommen, die auf dem Berg entspringt. Er befiehlt den Hirsch zu fangen, und sieht, da er den Halsschmuck betrachtet, daß zwischen dem mächtigen Gehörn ein goldnes Kreuz aufgewachsen ist. Das rührt ihm das Herz; er läßt also auf der Stelle, die der Hirsch besucht, den Grund zur Domkirche legen, und giebt ihr zum Wappen ein goldnes Kreuz im rothen Felde.
Aber die Quelle hat er nicht ganz bezwingen können und wenn man recht zuhört, so rauscht sie noch im tiefsten Grund. Daher sind auch die Thürme schief. (Lübische Geschichten und Sagen, ersch. 1852)
Darunter befindet sich ein Modell des Vorgängerbaus: der Dom als romanische Basilika von 1247. Um 1254 wurde am nördlichen Querhaus eine Eingangsvorhalle angebaut, das "Paradies". Anschließend wurde der romanische Dom ab 1266 zu einer gotischen Hallenkirche umgebaut: man Begann mit dem hochgotischen Chor für die rasch anwachsende Zahl der Domherren. Ab 1337 ließ Bischof Heinrich II. Bochholt (1317–1341) mit eigenen Miteln den Bau des Chores vollenden; auch hob man die beiden Seitenschiffe etwa auf die Höhe des Mittelschiffes auf rund 21 Meter an.
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(3) Schöne Madonna von 1509
Diese Maria entstand kurz vor der Reformation. Sie ist von anmutiger Gestalt. In sich versunken, klingt in ihr nach, was der Engel sagt: Gegrüßt seist du, Holdselige. Sie sieht auf das Kind. Segnend erhebt Christus die Hand und greift mit der anderen nach der Traube, die Maria in der Hand hält. Es wirkt fast spielerisch, ist aber ein Hinweis auf das Leiden Christi und auf die Feier des Abendmahls.
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(4) Altar
Der Altar wurde bei der Neugestaltung des Domes nach 1945 in die Gemeindemitte verlegt und versinnbildlicht so das Zentrum der zusammenkommenden Menschen im Dom. An jedem Sonn- und Feiertag ist um 10:00 Uhr Gottesdienst mit Abendmahl.
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(5) Renaissance-Kanzel von 1568
Mose mit den Gesetzestafeln trägt die Kanzel. Der Kanzelkorb ist mit sieben Alabaster-Reliefs, die Szenen aus dem Leben Jesu zeigen, geschmückt. Der Schalldeckel mit einer Statue des auferstandenen Christus stammt von 1570. Die Kanzel ist der Ort der Predigt, die allsonntäglich versucht, die biblische Überlieferung in Beziehung zu setzen zu den Menschen heute und unserer Zeit mit ihren Herausforderungen. Der Dom ist Predigtstätte der Landesbischöfin der Nordkirche sowie der Bischöfin für den Sprengel Hamburg und Lübeck.
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(6) Quinte-Fenster von 1963/64
Beim Bombenangriff auf Lübeck wurden 1942 sämtliche Fenster des Doms zerstört. Beim Wiederaufbau entschied man sich für eine schlichte Bleiverglasung. Nur das Westfenster wurde durch Lothar Quinte künstlerisch gestaltet. In Abendgottes- diensten besonders im März und im September wandert das Sonnenlicht in unbeschreiblichen Farben durch dieses Fenster über das Triumphkreuz – eine Predigt ganz ohne Worte!
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(7) Seifenblasenengel
Auf einer der alten Grabkapellen im Dom sitzt ein kleiner barocker Marmorengel, der so gar nichts Trauriges an sich hat. Er bläst Seifenblasen. Das zeigt, wie schön, wie bunt, wie zart und wie unbegreiflich das Leben ist – und wie gefährdet, wie verletzlich und vergänglich. Davon unbeirrt ist dieser Engel mit seinen Seifenblasen aus Stein ein Sinnbild dafür, wie Menschen ganz im Hier und Jetzt und im Glück des Augenblickes aufgehen können.
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(8) Altar der kanonischen Tageszeiten
Der Altar der kanonischen Tageszeiten ist im 1. Drittel des 15. Jahrhunderts von einem Lübecker Meister geschaffen worden. Die Stationen des Kreuzwegs Jesu sind den sieben Tageszeiten zugeordnet.
Die Texte entstammen einem lateinischen Lied, das im Evangelischen Gesangbuch verdeutscht aufgenommen ist: Christus, der uns selig macht (EG 77). Vor diesem Altar versammelt sich während der siebenwöchigen Passionszeit vor Ostern die Gemeinde zu Passionsandachten, um das Leiden von Mensch und Schöpfung heute zu bedenken. -
(9) Lichteraltar von 1999
Eine Kerze anzuzünden kann zu einem Gebet werden, das keine Worte braucht. Viele Menschen tun das Tag für Tag.
Um den Lichteraltar herum werden zweimal im Monat am Freitagabend Meditationsgottesdienste gefeiert. Zu ihnen
gehören Gesänge aus Taizé, eine Zeit der Stille und die Gelegenheit zu freien Fürbitten. -
(10) Einhornaltar von 1509
Der Marienaltar zeigt die Ankündigung der Geburt Jesu in Gestalt einer Einhornjagd. Gott kommt zur Welt in seinem Sohn Jesus Christus. In mittelalterlicher Symbolsprache soll dieses Geheimnis dargestellt werden: Der Legende nach
konnte nur eine Jungfrau das Einhorn fangen. -
(11) Lettner von 1477
Der Lettner, einst zur Abtrennung des Chorraumes für das Stundengebet der Domherren erichtet, ist bei der Neugestaltung zu einer Pforte zum Taufrund geöffnet worden. Die Bildschnitzereien des Lettners wurden von Bernt Notke geschaffen und 1477 zusammen mit dem Triumphkreuz fertiggestellt. Vier Statuen zeigen die Patrone des Doms: Nikolaus, Maria, Johannes der Täufer und Blasius. Die Uhr stammt aus dem Jahr 1628. Dort schlägt der Glaube – eine Pilgerin mit ihrem Pilgerstab – die Viertelstunden. Zur vollen Stunde schlägt ein Skelett – der Tod – eine Glocke und dreht seine Sanduhr um: Unsere Zeit ist begrenzt, doch noch nicht abgelaufen. Wir bekommen wieder eine neue, kostbare Stunde geschenkt – im Vertrauen auf Gott, der alle Zeit in Händen hält.
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(12) Taufbecken und Ital. Barockorgel
Ursprünglich stand das Taufbecken am Eingang der Kirche. Jeder, der die Kirche betrat, wurde erinnert: Ich bin getauft. Ich gehöre zu Gott. 1942 wurde im Dom durch einen Bombenangriff auf Lübeck vieles zerstört. Der Architekt Friedhelm Grundmann konzipierte das Taufrund neu. Hier werden heute fast jede Woche Taufgottesdienste gefeiert, jedes Mal ein bewegendes Fest. Eine Besonderheit: Der Organist spielt im Stehen. Die Musik dieser Orgel begleitet Taufen und eigene kleine Konzerte im Taufrund.
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(13) Südanbau aus den 1980er Jahren
Mit diesem Anbau ist ein großer, heller Raum mit wunderbarem Ausblick ins Grüne und über den Mühlenteich entstanden. Hier treffen sich Kinder zum Kindergottesdienst, der "Junge Dom", Arbeitskreise zu Besprechungen und gemütlichen Abenden.
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(14) Ausstellung "Steine zum Staunen"
Die Ausstellung "Steine zum Staunen" macht die bewegte Geschichte des Lübecker Doms deutlich und die großen Anstrengungen, die unternommen werden müssen, um ihn zu erhalten.
Wir freuen uns sehr, wenn Sie uns an der Spendensäule unterstützen!
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(15) Ehemaliger Hochaltar
Der barocke Hochaltar mit dem Chorgestühl verbrannte beim Luftangriff auf Lübeck am 29. März 1942. Beim Wiederaufbau wurde zum einen entschieden, dass der neue Altar in der Mitte der Gottesdienstgemeinde stehen sollte; zum anderen eine Glasfront zum damals eingestürzten Ostchor eingebaut, die bis heute den Ostchor als großartigen Veranstaltungsraum abtrennt.
An der Stelle des Hochaltars befindet sich heute die Antonius-Tafel aus dem Jahr 1503, die Szenen aus dem Leben des heiligen Antonius zeigt, das von vielen Versuchungen geprägt war.
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(16) Bocholtgrab im Ostchor
Heinrich der Löwe legte 1173 den Grundstein für eine dreischiffige romanische Basilika. Nach nur wenigen Jahrzehnten aber baute man schlanker, höher, leichter – und brauchte mehr Platz für Altäre und Kapellen. Gut 150 Jahre nach Heinrich vollendete Bischof Bocholt den Bau des Domes mit dem Ostchor. Heute trifft sich die Gemeinde in diesem Chor zu Osterfrühstück, Kirchkaffee, Kinderbibeltagen und Ausstellungen. Mitten im Raum ruht bis heute Bocholt, der Arzt und Theologe.
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(17) Klage Christi
„Die Klage Jesu Christi an die undankbare Welt“ ist ein Bild, zu dem es kaum Entsprechungen gibt.
Zu lesen ist eine Inschrift, der sog. „Lübecker Domspruch“:
Ich bin das Licht –ihr sehet mich nicht.
Ich bin der Weg –ihr gehet mich nicht.
Die Wahrheit –ihr glaubet mir nicht.
Das Leben –man suchet mich nicht.
Ich bin Reich –man bittet mich nicht.
Ich bin Edel –man dienet mir nicht.
Der Schönste –man liebet mich nicht.
Ich bin Barmherzig –man vertrauet mir nicht.
Ich bin Allmächtig –man fürchtet mich nicht.
Ich bin ein Lehrer –man folget mir nicht.
Werdet ihr verdammet –verweiset mirs nicht. -
(18) Christophorus als Schutzpatron der Reisenden
Die Legende erzählt: Der starke Christophorus, der nur dem mächtigsten Herrn dienen will, trägt Reisende über den Fluss, wie es ihm der Eremit im Hintergrund aufgetragen hat. Eines Tages ist es ein Kind, und die Last dieses Kindes wird ihm fast zu schwer. Am anderen Ufer gibt sich das Kind zu erkennen: Es ist Jesus und trägt die Sünde der Welt. Ihm vertraut Christophorus sein Leben an. Bis heute gilt er als Schutzpatron aller Reisenden.
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(19) Stecknitzfahrer-Altar von 1422
Der Altar zeigt die Menschwerdung Christi. Hier ist das ganze Jahr über Weihnachten. Im Mittelschrein stehen neben der Maria mit dem Kind die Figuren der Hl. Katharina und der Hl. Barbara. Die gemalten Seitenflügel zeigen adventliche und weihnachtliche Szenen.
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(20) Marcussen-Orgel von 1970
Der Werkaufbau entspricht der klassischen norddeutschen Orgel: Hauptwerk, Rückpositiv, Oberwerk, seitliche Pedaltürme. Sie ist ein herausragendes Instrument ihrer Zeit. Orgelkonzerte des Domorganisten gibt es das ganze Jahr über regelmäßig. Während des Lübecker Orgelsommers geben auch viele renommierte Organisten aus dem In- und Ausland Konzerte. In den Jahren 2016 und 2022 ist die Marcussen-Orgel von Grund auf renoviert worden.
Wenn Sie einen Augenblick Zeit haben, setzten Sie sich in die Reihen und genießen Sie (nur mit Ohrhörern bitte!) das Orgelkonzert von F. Poulenc für Orgel und Orchester g-Moll (aus dem Jubiläumskonzert 850 Jahre Dom zu Lübeck).
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(21) Ausstellung: Geschichte der Domgemeinde und Wiederaufbau des Domes
Die Domgemeinde hat über die Jahrhunderte eine wechselvolle Geschichte erlebt- zu Beginn zwischen die Domtürme gepfercht, während über 100 Domherren bis zu 40 Altäre betreuten, hat sie sich in den Zeitläufen den gesamten Dom zu eigen gemacht. Die Ausstellung spart auch finstere Zeiten nicht aus.
Ein weiterer Aspekt liegt auf der Neugestaltung des Gottesdienstraumes in den 1960-70er Jahren, nach dem in der Nacht zum Palmsonntag vom 28. zum 29. März 1942 ein schwerer Luftangriff ein Fünftel der Lübecker Innenstadt zerstörte. Die Domturmhelme stürzten ein, ebenso das Gewölbe des Chores. Da nach dem Krieg zunächst die Marienkirche wiederaufgebaut wurde, hatte die Domgemeinde viel Zeit, über die Neueinrichtung des Domes nachzudenken. So entstand ein wunderbarer Gottesdienstraum mit zentralem Altar - ein Sinnbild für das gemeindliche Leben am Dom.